Zitat der Woche
Der minoische Eberzahnhelm (Homer, Ilias 10, 260 – 265)
Meriones übergab dem Odysseus Bogen und Köcher
und sein Schwert, aufs Haupt aber setzte er ihm seinen Helm.
Der war aus Leder gefertigt und innen mit vielen Riemen
fest verspannt; ringsum waren außen die schimmernden Zähne
eines weißzahnigen Ebers dicht aneinandergereiht,
schön von kundiger Hand, und mit Filz war er drinnen gepolstert.
Μηριόνης δ᾽ Ὀδυσῆι δίδου βιὸν ἠδὲ φαρέτρην
καὶ ξίφος, ἀμφὶ δέ οἱ κυνέην κεφαλῆφιν ἔθηκε
ῥινοῦ ποιητήν· πολέσιν δ᾽ ἔντοσθεν ἱμᾶσιν
ἐντέτατο στερέως· ἔκτοσθε δὲ λευκοὶ ὀδόντες
ἀγριόδοντος ὑὸς θαμέες ἔχον ἔνθα καὶ ἔνθα
εὖ καὶ ἐπισταμένως· μέσσῃ δ᾽ ἐνὶ πῖλος ἀρήρει.
Der jüngste mykenische Grabfund nahe Pylos und seine Präsentation in Kalamata gab den Anstoß zu unserem Zitat.
Nur ein einziges Mal ist ein solch urtümlicher Helm bei Homer erwähnt; der Dichter beschreibt ihn darum ausführlich und fügt sogar seine Herkunft von langer Hand
hinzu. Der tapfere Kreter Meriones hatte ihn von seinem Vater erhalten und borgte ihn hier dem Odysseus für einen nächtlichen Spähergang zum Lager der Trojaner. Die Hauer eines Ebers waren dessen
untere Eckzähne, man musste also für einen Helm mindestens fünfzig Eber erlegen!
Das zehnte Buch der Ilias (die sog. Dolonie) ist ein späterer Einschub in das Epos. Hier verstoßen die heroischen Einzelkämpfer Diomedes und Odysseus eklatant gegen den Ehrenkodex des Adels. Sie
nehmen im Dunkeln den Gegenspäher Dolon gefangen, entlocken ihm sein Wissen und töten ihn danach. Dann schleichen sie ins troische Lager, erschlagen Rhesos, den König der Thraker, sowie zwölf
seiner Gefährten im Schlaf, und kehren mit seinem berühmten Rossegespann ins Griechenlager zurück.
HDB (GZ)